An der Ammerschlucht

Wie ja schon im Beitrag zur Breitachklamm angekündigt, sollen neben den Bergtouren auch die „Gegenseite“, nämlich die Schluchten und Täler mehr Präsenz auf diesem Blog bekommen. Denn wo das eine ist, ist das andere meist auch nicht fern. Und um auch wieder ein wenig Inspiration in der Münchner Nähe zu haben, geht es heute nicht ins Allgäu, sondern in die um einiges näher gelegenen Ammergauer Berge. Der Name ergibt sich aus dem unscheinbar wirkenden Flüsschen Ammer, das dieses Gebiet entwässert und hinter dem Ammersee zur Amper wird. Beim Blick auf die Karte würde man in dem kurzen Grünstreifen keine besondere Landschaft vermuten, aber tatsächlich hat die Ammer hier eine canyonartige Landschaft geschaffen, die es unbedingt wert ist, besucht zu werden.

Inhalt

Fließt die Ammer bei Oberammergau noch durch Weiden und ist mit zwei größeren Mooren verbunden (Pulvermoos und Kochelfilz) folgt kurz nach dem Zusammenschluss mit der Halbammer hinter Altenau eine hügeligere Landschaft, in die sie sich quasi reingefräst hat. So ist die Ammerschlucht und der für diesen kleinen Fluss beeindruckende Ammerdurchbruch entstanden, unser heutiges Wanderziel.

Routenüberblick

Los geht es im kleinen Ort Saulgrub, der mit dem Regio von Murnau kommend erreichbar ist und sich unweit vom größten mitteleuropäische Moorgebiet, dem Murnauer Moos, befindet. Von dort geht es in einer Rundschleife vorbei an Bad Bayersoien durch die Schlucht und zu den Schleierfällen. Oberhalb der Schlucht wieder zurück nach Saulgrub mit Abstecher beim Ammerdurchbruch „Scheibum“. Insgesamt ist die Tour mit knapp 16 km ideal für einen kurzen Wanderausflug geeignet und die Höhendifferenz hält sich mit maximal 150 Höhenmetern auch im Rahmen, sodass auch Bergunerfahrene Spaß haben werden. Um möglichst viel von der schönen Naturkulisse zu haben, empfehle ich, ca. 4 Stunden für die Wanderung einzuplanen. Dann lässt es sich entspannt laufen und genießen. Hier sind noch einmal die Kurzfakten:

Ammerschlucht (Download Route)

Routen-EndpunkteSaulgrub
Routen ÖPNV-AnschlussRegionalbahn
Routenlänge15,9 km
Routendauer4 - 4,5 Stunden

und die Routenkarte

Vom Bahnhof zur Soier Mühle

In Saulgrub heißt es zunächst die große Ammergauer Straße zu queren und dann auf der Achelestraße ca. 1,5 km bis zum eigentlichen Routeneinstieg zu spazieren. Autofahrer können sich diesen Abschnitt sparen und bis zum Wanderparkplatz unterhalb des Gasthofes Acheleschwaig fahren. Nach ca. 20 Minuten erreicht man auf der Straße rechter Hand einen größeren Abzweig, wo bereits Bad Bayersoien angeschrieben ist. Über ein paar Weiden führt der Weg bergauf und wenn man noch nicht zu spät im Jahr unterwegs ist, begrüßen einen auch die ein oder anderen gemütlich widerkäuenden Kühe. Hätte ich es nicht gewusst, hätte ich hier keine Schlucht oder auch nur irgendetwas besonderes erwartet, so friedlich und unspektakulär sah es zunächst aus.

Nach weiteren 1,5 km endet dann der Feldweg und ein kleiner Trampelpfad führt in ein kleines Waldstück. Ein kleines Bächlein wird auf einem Holzbrückchen gequert und bei der nächsten Möglichkeit gilt es auch schon wieder linker Hand auf einen breiteren Forstweg abzuzweigen und so durch die leichte Hügellandschaft weiter in Richtung Nordwesten zu laufen. Wir passieren eine kleine Kiesgrube und kurz dahinter biegen wir links und gleich darauf rechts auf einen kleinen Pfad ein, der vor einer Holzhütte in den Wald hineinführt. Langsam kommen wir in das eigentliche Zielgebiet und können uns in dem schönen Waldgebiet zunehmend entspannen. Auf kleinen Trampelpfaden kreuzen wir das Waldgebiet fast im Zick-Zack immer an der Ostkante der Schlucht entlang. Auch wenn man zunächst nichts vom Wasser sieht, hören tut man es auf jeden Fall und dann ist auch nach ca. 5 km Wegstrecke der erste Ausguck erreicht. Unten, ca. 100-150 Meter in der Tiefe, sieht man dann das erste Mal die Ammer, die sich dort entlang schlängelt:

Blick in die Ammerschlucht vom Aussichtspunkt in der Nähe von Bad Bayersoien
Der kleine Fluss hat eine kurvige Schneise in die Hügel gegraben

Wer weiß wie träge und breit die Ammer in den Ammersee mündet, den erstaunt es doch, wie kraftvoll das Flüsschen hier wirkt; sonst hätte es wohl kaum solch tiefe Schlucht geschaffen. Hinter dem Ausguck geht es dann noch ein wenig weiter im Wald und wieder auf eine Weide bis zu einem kleinen Schild, dass den Weg zur Soier Mühle bergab ausweist. Auf mehreren Erdstufen und einer etwas wackligen Holzkonstruktion steigen wir relativ steil bergab und erreichen die Fußgängerbrücke, die uns auf die andere Uferseite bei der Soier Mühle führt.

In die Schlucht hinab und bis zu den Schleierfällen

Der Blick von der Brücke zeigt einen schöne Aussicht in die Schlucht und eine doch breiter wirkende Ammer, als zunächst von oben vermutet:

Blick auf die Ammer von der kleinen Fußgängerbrücke bei der Soier Mühle
Hier zeigt sich die Ammer das erste Mal in ganzer Pracht

und direkt neben der Mühle ist auch schon der erste der unzähligen Wasserfälle und kleinen Bäche, die auf dieser Seite zur Ammer hinabstürzen.

Kleine Wasserfälle bahnen sich ihren Weg zur Ammer bei der Soier Mühle
Immer wieder bahnen sich kleine Bäche ihren Weg zur Ammer

Von der Mühle führt ein Forstweg wieder bergauf. In der scharfen Rechtskehre dieser Straße zweigen wir links auf den nicht ausgeschilderten aber Zwei-Mann-breiten Weg ein, der uns an der westlichen Oberkante der Ammer entlang führt. Hier können wir immer wieder einen Blick nach unten auf die dahinzuckelnde Ammer werfen und nach ungefähr 2 weiteren Kilometern gibt es auch die Möglichkeit wieder hinab zum Fluss zu steigen. Da es allerdings eine Sackgasse ist, würde ich diesen Abstieg noch nicht nutzen – auch wenn er in einer malerischen Kurve liegt. Denn nur wenig später führt der Weg ohnehin runter in die Schlucht und direkt an die Uferkante. An diesem Punkt steht man in einer hufeisenförmigen Krümmung der Schlucht und hat einen traumhaften Rundumblick:

Hier lohnt es sich auf jeden Fall ein wenig Zeit zu verbringen und das beruhigend dahinfließende Wasser und die grünere Umsäumung der Schlucht auf sich wirken zu lassen. Wer möchte kann hier auch eine kleine Brotzeit machen, allerdings sollte man dann eine wasserabweisende Picknickdecke dabei haben, da der Untergrund überall sehr feucht ist.

Der weitere Weg steigt dann wieder bergauf nur um wenig später wieder abzusteigen. So geht es eine Weile bis ein langgezogener Abstieg über mehrere Treppen und kleine Pfade folgt. Rechts immer wieder kleine Bächlein, die es zu übersteigen gilt und ein paar umgefallene Bäume. Wer zusätzlich im Herbst unterwegs ist, hat dazu auch noch die tolle Herbstfärbung der Bäume dabei. Eine wahrlich urige Naturkulisse.

In der Ammerschlucht ist die Umgebung noch urig und nahezu unberührt
Der Weg führt über Stock und Stein in der urigen Umgebung

Unten angekommen führt der Weg noch ein Stückchen am Ufer entlang und kurz bevor es wieder bergauf geht, zeigt ein verrostetes Schild den Abzweig zu den Schleierfällen an. Den Abstecher zu diesem Naturdenkmal kann ich unbedingt empfehlen, vor allem weil es nicht einmal 5 Minuten ab vom Hauptweg liegt.

Über Waldwege zum Kraftwerk

Auf Höhe der Schleierfälle ist die Ammer so flach, dass man mit ordentlichen Wanderschuhen ein Stückchen hinein gehen kann, um einen besseren Blick auf diese besonderen Wasserfälle zu haben. Ähnlich einer Regenwalddusche rinnt das Wasser über den bemoosten Hügel und tropft an den herabhängenden Flechten hinunter.

Die Schleierfälle an der Ammer im Herbst
Ein Naturdenkmal, die Schleierfälle

Das sieht nicht nur sehr schön aus, sondern ist auch noch zusätzlich beruhigend, genauso wie der Rest der ganzen Umgebung hier: Man hört so gut wie keinen Ton, die Ammer scheint auch eher zu stehen als zu fließen und das sich endlos wiederholende Fließen von Wasser. Das alles ist Balsam für die Seele!

Auf Höhe der Schleierfälle ist die Ammer ganz ruhig, fast als würde das Wasser stehen
Bei den Schleierfällen steht das Wasser fast und man ahnt nicht, welche Kraft in dem Fluss steckt

Betreten darf und sollte man die Wasserfälle nicht und auch wenn man hier gerne länger pausieren möchte, heißt es wegen dem vielen Schlamm und fehlenden Sitzgelegenheiten im Stehen genießen und dann doch irgendwann weiterziehen.

Zurück auf dem kleinen Weg geht es auf dem breiter werdenden Hauptweg wieder den Berg hinauf. Durch den Wald und über die Wurzeln erreichen wir einen Forstweg mit einem Wegweiser, der rechts nach Peutelsau zeigt. Wir halten uns links und gelangen nach wenigen Hunderten Metern wieder auf einen schönen kleinen Waldpfad, der uns oberhalb der Schlucht entlang führt. Mit dem schönen tiefstehenden Herbstlicht ergibt sich eine besondere Stimmung, die die ohnehin schon beeindruckten Sinne weiter anregt.

Waldwege in schönem Herbstlicht oberhalb der Ammerschlucht
Das tiefstehende Herbstlicht gibt den Waldwegen einen besonderen Glanz

Langsames Gehen, Innehalten und die gute Waldluft einatmen, lässt die Erholung tiefer werden. So geht es einen guten Kilometer vorwärts bis eine kleine Bank am Rand zur Wiese zu einer kleinen Pause und Panoramablick auf die Ammergauer Alpen einlädt. Wenn das mal keine gute Laune macht, dann weiß ich auch nicht:

Alpenpanorama bei Peutelsau mit den Oberammergauer Bergen am Horizont
Wenn der Blick keine gute Laune macht…

Hinter diesem Traumplätzchen ist es dann auch schnell vorbei mit der Idylle: Der Weg führt durch den Wald hinab und endet dann an einem alten Wasserkraftwerk mit eigenem Zuflusskanal, das nicht so wirklich in die Umgebung passen will.

Zum Ammerdurchbruch und zurück nach Saulgrub

Beton und Straßen zeigen, dass wir wieder in der Zivilisation sind; auch wenn wir es die ganze Zeit waren, die Schlucht hat es uns für kurze Zeit vergessen lassen. Ein gutes Zeichen dafür, dass man hier wirklich abschalten kann.

Vom Kraftwerk folgen wir der Straße über die Brücke und erreichen den Wanderparkplatz. Bevor es nun aber auf der Straße zurück nach Saulgrub gehen soll, wollen wir noch einen kleinen Umweg zum Ammerdurchbruch einbauen, um dieses ebenfalls schöne Kleinod nicht zu verpassen. Linker Hand führt ein ausgewiesener Trampelpfad wieder ein Stückchen hinein in die Schlucht, aus der wir eben kamen. Wenige Minuten später endet der Weg auf einer kleinen Aussichtsplattform mit direktem Blick auf den Ammerdurchbruch. Im Uferbereich herrscht Kies statt Erde vor und mitten durch eine Felswand hat dieses kleine Flüsschen ein Loch geschaffen:

Der Ammerdurchbruch bei Scheibum zeigt die Kraft des Wassers
Durchbruch der Ammer durch das Steinmassiv: Die Scheibum

Kurz vor dem Hauptdurchbruch zeigt auch eine Stromschnelle die Kraft, die im Wasser steckt.

Die Ammer kann auch ganz schön wild sein, so wie hier kurz vor dem Durchbruch bei Scheibum
Eine kleine Stromschnelle kurz vor dem Durchbruch

Zurück geht es auf demselben Weg bis zum Parkplatz und dann die Anhöhe hinauf bis zur Gaststätte Acheleschwaig, wo Hungrige noch eine Stärkung vor der Rückfahrt zu sich nehmen können. Von hier folgt man der Straße, die wir anfangs gelaufen sind, bis Saulgrub erreicht ist.

Insgesamt ein kurzer aber dafür umso intensiverer Ausflug mit vielen unberührt wirkenden Abschnitten und einer traumhaften Naturkulisse. Egal welche Gedanken man vorher im Kopf gewälzt hat, hinterher hat man keine mehr davon, sondern ist erfüllt und erholt von den schönen Eindrücken, die die eigene Aufmerksamkeit komplett absorbiert haben. Ein rundum gelungener Ausflug also.

In diesem Sinne

Nur ca. 1 Stunde Fahrt von München entfernt, wartet die Ammerschlucht als eine einmalige canyonartige Naturlandschaft darauf entdeckt zu werden. Der relativ kurze, dafür umso beeindruckendere Abschnitt unweit von Saulgrub verzaubert mit absoluter Ruhe, schönem Farbenspiel zwischen Bäumen und Wasser und verträumten Wasserfällen, die sich über saftiges Moos Richtung Ammer stürzen. Der Felsdurchbruch am Ende der Tour ist dabei nur eines der vielen schönen Bilder, die man mit nach Hause nimmt. Mit gut 4 Stunden Gesamtdauer ist dieser Ausflug auch ideal geeignet, um den Kopf frei zu bekommen und Kraft und Entspannung für den grauen Alltag im Spätherbst zu tanken.

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner