Alte Buchenwälder als Seelenbalsam

Nach knapp 2 Monaten Lockdown in unterschiedlicher Intensität werden einige Maßnahmen wieder gelockert, sodass jetzt auch wieder Ausflüge in etwas weiter entfernte Gegenden möglich sind. Auch wenn diese Lockerungen wahrscheinlich nur temporär sind (bis die erwartete zweite Welle einbricht), nutzen Viele die wiedergewonnene Freiheit, um wieder rauszugehen.

Während der Lockdown-Phase war ich vor allem in Waldgebieten, die ich mit dem Fahrrad erreichen konnte. Nach zwei Monaten kennt man dann die meisten Orte schon. Deswegen ist es schön, etwas Neues ausprobieren zu können. Nachdem ich vor 4 Jahren im Nationalpark Kellerwald-Edersee war und dort den alten Buchenwald besucht habe, ging es zur Abwechslung mal wieder in ein Naturschutzgebiet. Dieses Mal war das Ziel der Buchenwald Grumsin in Nordbrandenburg, der sogar von der Unesco als Weltnaturerbe anerkannt ist.

Die Anreise ist etwas beschwerlicher als bei den meisten von mir vorgestellten Routen. Am einfachsten ist, wenn man Zugriff auf ein Auto hat; es geht aber auch mit der Bahn. Start-und Endpunkt des Ausflugs ist Altkünkendorf ca. 10 km von Angermünde. Mit dem Auto fährt man auf der A11 bis zum Anschluss Joachimsthal und dann auf einer sehr holprigen Straße bis Altkünkendorf. Dort gibt es einen kleinen Parkplatz für Ausflugsgäste. Alternativ fährt man mit der Bahn bis Angermünde und von da mit dem Bus 452 (werktags) bzw. dem Rufbus bis nach Altkünkendorf.

In Altkünkendorf gibt es eine kleine Informationstafel mit verschiedenen Routen und Informationen zu der Gegend. Außerdem gibt es einen kleinen Verein, der Führungen in der Kernzone des Naturschutzgebiets anbietet. Ich habe keine Führung gebucht und bin deswegen auch nicht in die Kernzone des Schutzgebiets. Die Kurzfakten seht Ihr hier:

Grunewaldtour (Download Route)

Routen-EndpunkteAltkünkendorf
Routen ÖPNV-AnschlussAuto
Routenlänge17,07 km
Routendauer4 - 4,5 Stunden

auf der Karte würde man keinen so schönen und urigen Wald vermuten

Los gehts von der Informationstafel aus dem Dorf nach Westen. Schon in Altkünkendorf fällt einem die Ruhe auf, die man vor allem aus der Großstadt gar nicht kennt. In einem großen Bogen geht es zwischen Feld- und Waldstückchen Richtung Grumsin. Grumsin ist im Endeffekt nur ein Dorf mit 5 Häusern und der Endstation des Busses von Angermünde, also gefühlt das Ende der Welt und damit genau das Richtige um Abstand zu gewinnen von der sonst überall vorherrschenden Hektik. Wenn man am Anfang vielleicht noch etwas schneller läuft, zumindest geht mir das immer so, merkt man spätestens nach 20 Minuten Spaziergang, dass man langsamer wird und anfängt entspannt zu wandern. Vorbei in Grumsin kommen wir in Richtung des Naturschutzgebiets. Wir halten uns links und schwenken auf den Urwaldpfad ein (oranges Buchenblatt).

Überall zirpt es, man hört viele verschiedene Vögel quasi um die Wette zwitschern. Der Pfad ist laubbedeckt und federt. An manchen Ästen hängen Raupen, die sich abseilen, Käfer laufen über den Boden und Ameisen tragen geschäftig Gegenstände durch die Gegend. Durch die Bäume sieht man den kleinen Buckowsee, eine ideale Gelegenheit, um eine kleine Pause einzulegen und den Wald in sich aufzunehmen. Auch wenn in einem Laubwald der typische „Waldgeruch“ nicht so stark ist, wirkt die Umgebung trotzdem auf den entspannenden Teil unseres vegetativen Nervensystems (siehe auch mein Beitrag zu ersten Studien dazu). Tiefes, langsames Ein- und Ausatmen verstärkt diesen Effekt. Diese Kulisse:

Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin
Weltnaturerbe Buchenwald Grumsin

tut ihr Übriges und wirkt wie ein Balsam für die Seele. Man kann förmlich spüren, wie eine Last von einem abfällt und zumindest für den Moment nur dieser Ort wichtig ist. Gedanken und Ängste, die kommen, halten wir nicht auf, sondern lassen sie vorbeiziehen. Mit dem Wissen, dass dieser Wald uralt ist und schon so viel mehr erlebt hat, als wir, erscheinen einem die eigenen Ängste auch eher nichtig. Man bekommt eher ein wenig Ehrfurcht, vor der Tatsache, dass man selbst und die eigenen Gedanken keine Ewigkeit haben und irrelevant für die „Natur“ bzw. Welt sind.

Nach einigen Minuten der Stille und des In-Sich-Kehrens setzen wir unseren Weg schon deutlich entspannter fort. Der Pfad endet an einem Schild, das darauf hinweist, dass man links aus dem Wald gehen soll, da der rechts abbiegende Weg in die Kernzone führt und nur mit Genehmigung (Führung) betreten werden darf.
Wir gehen also links raus aus dem Wald und laufen entlang eines Feldes Richtung Luisenhof (ebenfalls ein 3-Häuser-Dorf). Am Dorf vorbei geht es rechts entlang von einem Rapsfeld. Das Gelb der Blüte wirkt fast ein wenig unecht und überall summen Hummeln; wären sie Menschen man könnte meinen, sie können ihr Glück vor lauter Pollen kaum fassen.

Es geht bis zur Landstraße, die Altkünkendorf mit Angermünde verbindet, und auf dieser biegen wir nach 400m in Richtung Altkünkendorf rechts auf den nächsten Feldweg ein. Der Rundum-Blick ist superschön, Wildblumenwiesen, Wald, kleinere Felder, kaum Häuser und Autos; ein frappierender Kontrast zu den komplett von Menschen veränderten Gebieten.
Der Weg führt uns wieder in einen Wald, den Angermünder Stadtforst. Inzwischen schon fast vollständig von der Umgebung vereinnahmt, halten wir uns an der Weggabelung links, so dass wir den Wolletzsee rechts von uns durch die Büsche und Baumstämme erkennen können:

Blick auf den Wolletzer See
Blick auf den Wolletzer See

Der Weg führt immer näher an das Ufer heran, links von uns tut sich eine große Wiese und immer wieder kleine Plätzchen am See auf, die zum Verweilen oder sogar Baden einladen. An einem der vielen Plätze lohnt es sich eine Brotzeit-Pause einzulegen und den Blick über den ruhigen See schweifen zu lassen. Neben dem Wald sind solche Orte für mich immer ideal, um die Gedanken schweifen zu lassen und den Geist in einen angenehmen Leerlauf kommen zu lassen. Nach einer halben Stunde oder mehr, geht es die letzten hundert Meter zurück nach Altkünkendorf. Von dort geht es entspannt und mental freier langsam zurück in den Alltag.

Ich hatte ja in früheren Beiträgen schon erzählt, dass ich mich in der Baumzucht probiere und so versuche, ein Stück Wald auch nach Hause zu holen. Seit dem letzten Bild mit meinem kleinen Mammutbaum sind inzwischen schon 2 Monate vergangen und wie man sieht, fühlt er sich recht wohl:

2 Monate alter Berg-Mammutbaum
2 Monate alter Berg-Mammutbaum

Ich hoffe das bleibt so; allein dieses kleine Bäumchen freut mich jeden Tag und bringt meine Gedanken auf anderes.

In diesem Sinne: Die Corona-Schutzmaßnahmen werden langsam gelockert. Der ideale Zeitpunkt, um raus in die Natur zu fahren und sich ein wenig Seelenbalsam im Wald abzuholen. Gerade in dieser Jahreszeit ist alles grün und zahlreiche Insekten und Vögel sind im Wald unterwegs. Es lohnt sich also einen Ausflüg ins etwas weiter entfernte Nordbrandenburg zu den Buchenwäldern von Grumsin zu machen und die Ruhe der uralten Bäume auf sich wirken zu lassen.

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